19. - 29. Mai 2019
Usbekistan

Die Formalitäten an der Grenze nahmen drei Stunden in Anspruch. Zwei Stunden brauchten die Kasachen, um uns aus dem Land zu lassen, obwohl wir bevorzugt behandelt wurden und an der Schlange der hochbeladenen Autos vorbei gewunken wurden.

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Die Grenzabfertigung auf usbekischer Seite dauerte hingegen nur eine Stunde.

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Die Straße in Usbekistan ist mindestens genauso schlecht, wie wir sie zum Teil schon in Kasachstan erfahren mußten.

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Man schaukelt von einem Schlagloch ins nächste und Simba knurrt und knarrt. Nach nur 60 Kilometern fahren wir einfach rechts rein in die Steppe, um hier für eine Nacht zu stehen.

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Der folgende Tag bietet uns weiterhin eine schlechte Straße und weite öde Steppenlandschaft.

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Doch dann überqueren wir einen ersten, ziemlich breiten Bewässerungskanal und schon sieht die Landschaft ganz anders aus.

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Rechts und links große Felder, auf denen fleißig im Kollektiv gearbeitet wird.

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Die Siedlungen sind eher bescheiden, nur die Viehställe sind noch in der traditionellen Lehmbauweise errichtet.

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Die Friedhöfe (Totenstädte) liegen weit außerhalb der Ortschaften.

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Nukus, die Hauptstadt der Autonomen Republik Karakalpakstan, hat weder eine Altstadt - noch besonders viel Charme.

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Es gibt jedoch eine für uns interessante Top-Sehenswürdigkeit. Das Igor-Savitsky-Museum.

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Benannt nach seinem Gründer und Kurator, hat dieser während der sowjetischen Herrschaft eine außerordentliche Sammlung russischer und sowjetischer Avantgardekunst zusammengetragen. Fasziniert von den Traditionen der Steppenvölker, sammelte er zunächst Stickereien, Webarbeiten und Jurtendekorationen, um die verschwindende karakalpakische Kultur zu dokumentieren. Neben archäologischen Funden und ethnografischen Stücken akquirierte Savitsky zunehmend auch moderne Kunst.

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Letztere möglichst unauffällig, damit die sowjetischen Behörden nicht aufmerksam wurden. Savitsky konnte bis zu seinem Tod im Jahre 1984 eine beachtliche Sammlung zusammentragen. Er hinterließ allerdings auch 1,5 Mio Rubel Schulden, die noch acht Jahre lang abbezahlt werden mußten.

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Nach der Stadt zieht es uns in die Natur.

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Wir nächtigen direkt am Ufer des Amurdarya, einem Fluß, der einst den Aral-See gespeist hat. Heute wird für die Bewässerung der riesigen Baumwollfelder soviel Wasser entnommen, daß am Aral-See nichts mehr ankommt.

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Nur ein paar Stunden Fahrt und wir haben Chiva, Khiva oder auch Xiva erreicht. Wie für viele Orte, gibt es auch für diese Stadt drei Schreibweisen.

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Die Minarette, trutzigen Paläste und dicken Mauern in Chiva wirken märchenhaft orientalisch. Hier herrschten die Khane absolut: Mit dutzenden Haremsdamen und gefürchteten Scharfrichtern. Was so mittelalterlich klingt, war noch im 19. Jahrhundert Alltag. Bereits im 8./7. Jh.v.Chr. herrschten hier Kleinfürsten. Im Laufe ihrer Geschichte stand die Stadt unter wechselnder Herrschaft. Die nur 400 x 720 m große Altstadt ist rundum von einer fast völlig intakt erhaltenen Stadtmauer eingeschlossen.

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Wir parken vor dem Gästehaus Alibek, gegenüber dem Westtor.

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Besonders ins Auge fällt der mit türkis-grünen Fliesen geschmückte, etwas untersetzt wirkende Turm Kalte Minor.

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Obwohl das „Kurze Minarett“ mit 28 Meter Höhe gar nicht so kurz ist, läßt der Durchmesser von 14,8 Metern vermuten, daß es viel höher geplant war.

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Die Dschuma- oder Freitagsmoschee, ist eine flache niedrige Halle von 46 x 55 Metern Größe. Ihr Flachdach wird von 250 Säulen getragen. Einer Inschrift zufolge wurde die Moschee erst 1788/89 erbaut, aber die hölzernen Säulen sind wesentlich älter. Einige gehen bis auf das 10. Jahrhundert zurück.

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Die Mauern von Kunja Ark gehen auf das 5. Jahrhundert zurück.

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In den 1830er-Jahren war sie Wohnsitz der Khane von Chiwa. Aus der Zeit stammen die prächtigen blau-weißen Majolikafliesen mit verschlungenen Pflanzendekoren und großformatigen Sternenmustern.

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Das Hauptgebäude des Pachlawan-Machmud-Mausoleums wird von einer weithin sichtbaren türkisfarbenen Kuppel mit goldener Kugel gekrönt. Der Hauptraum ist gleich für mehrere Khane der Kungrat-Dynastie Grabraum. Alle Räume des Mausoleums sind mit hervorragend gearbeiteten Fliesen ausgeschmückt.

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In sowjetischer Zeit fanden im Pachlawan-Machmud-Mausoleum zeitweise antireligiöse Schulungen statt. Ab 1979 war hier das Museum für Revolutionsgeschichte untergebracht. Erst nach der Unabhängigkeit wurde es wieder als religiöse Gedenkstätte geöffnet und 1993 restauriert.

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Von Chiva nach Buchara, unserem nächsten Highlight an der Seidenstraße, sind es zwei Tagesetappen. Wir fahren entlang der Grenze zu Turkmenistan.

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200 Meter neben der Straße übernachten wir auf einer festen Sandfläche. Teilweise neue Autobahn, aber auch schlimme Schlaglochpiste führen durch eine weite karge Steppenlandschaft. Erst kurz vor Buchara gibt es wieder landwirtschaftlich genutzte Flächen.

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Am Friedhof vor der Stadt füllen wir unsere Trinkwasservorräte auf. Die weite Oase Buchara ist eine der alten Kernzonen Usbekistans und ein Hauptknotenpunkt der Seidenstraße. Die Stadt Buchara (UNESCO Weltkulturerbe seit 1993) hat einen der besterhaltenen mittelalterlichen orientalische Stadtkerne in Zentralasien mit zahlreichen historischen Medresen, Moscheen und Marktgebäuden. Wir parken vor dem kleinen Hostel Rumi, am Rande der autofreien Altstadt. Nur ein paar Minuten zu Fuß durch das alte jüdische Viertel und wir sind am zentralen Wasserbecken Labi Chaus.

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Die Siedlung geht auf das 4.Jh.v.Chr. zurück. Unter verschiedener Herrschaft entwickelte sich Buchara dann zu einer blühenden Stadt. Nur wenige frühe Bauwerke überdauerten jedoch das Wüten der „Geißel Gottes“, wie Dschingis Khan sich selbst den Bürgern Bucharas vorgestellt haben soll. Unter ihm wurden große Teile der Bevölkerung getötet oder versklavt und in der Folge verlor die Stadt an Bedeutung. Erst die Schaibaniden regierten ab 1500 wieder von Buchara aus. Viele bedeutende Sehenswürdigkeiten stammen aus dieser Zeit.

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Nadir-Divan-Beg-Medrese: Außergewöhnlich ist die Fliesendekoration des Eingangsportals mit zwei stilisierten Vögeln. Vermutlich die Darstellung des persischen Sagenvogel Simorg.
In Buchara werden die Innenhöfe und Seitennischen vieler historischer, früher religiöser Gebäude, für den Handel mit Teppichen und allen möglichen Souvenirartikeln genutzt.

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Zusätzlich sind die alten Kuppelbasare mit regem Händlerleben gefüllt.

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Die Kolon-Moschee bildet das Highlight unseres Besichtigungsrundganges.
Sie stammt aus dem frühen 16. Jh. Die Moschee ist 130 x 80 Meter groß, was dem goldenen Schnitt entspricht. Das fast 50 Meter hohe Kolon-Minarett ist Bucharas bekanntestes Wahrzeichen.

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Es ist mit Ziegelmustern geschmückt, die sich in Bändern unterschiedlicher Breite um den Turm ziehen.

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Gegenüber liegt die Mir-i-Arab-Medrese, die ebenfalls unter schaibanidischer Herrschaft gebaut wurde.

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Die Medrese wird als einzige, nahezu durchgehend, seit dem 16. Jh. als religiöse Lehranstalt genutzt. Nur unter Stalin war sie von 1930-46 geschlossen. Danach wurde sie als eine, von nur zwei Medresen der gesamten Sowjetunion, religiös genutzt. Heute hat sie den Status einer Hochschule und bietet ein Vier-Jahres-Programm mit Arabisch, Koran, Logik und Rhetorik, aber auch Naturwissenschaften, Geografie und Englisch. Besuchern bleibt leider nur der Blick auf die Fassade.

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Anläßlich des "Silk und Spice Festivals" tummelten sich viele Einheimische aus der Umgebung in der Stadt.

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Samarkand, einst als Hauptstadt der Provinz Sogdien ins persische Reich eingegliedert, wurde das antike Samarkand später von Alexander dem Großen erobert und war im 14. Jahrhundert Zentrum des Weltreichs von Amir Timur. Der große Herrscher und seine Nachfolger hinterließen prächtige Architekturdenkmäler - vieles davon ist heute UNESCO-Weltkulturerbe.

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Der Registan, der „Sandige Platz“, ist mit seinen drei flankierenden Medresen das Wahrzeichen Samarkands.

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Die Ulug-Beg-Medrese ist die älteste der drei Medresen und verfügt über einen großen Innenhof. In alle vier Richtungen gehen große Iwane ab, die als offene Unterrichtsräume dienten. Ringsum reihen sich auf zwei Stockwerken Zellen aneinander, die jeweils mit mehreren Studenten belegt waren. Insgesamt lebten hier über 100 Studenten.

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Die Schidor-Medrese zeigt einen besonderen Fassadenschmuck. Unter einer strahlenden Sonne mit menschlichem Gesicht reißt ein Tiger eine Hirschkuh. Figürliche Darstellungen sind in der islamischen Kunst eigentlich untersagt und auf einer Medresenfassade auf jeden Fall ungewöhnlich.

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Timors bombastisches Großprojekt, die Bibi-Chanum-Moschee, stand unter keinem guten Stern.

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Schon einige Jahre nach ihrer Vollendung 1404 begann die Riesenmoschee zu bröckeln und war trotz mehrfacher Restaurierungsversuche schon 200 Jahre später zur Ruine verfallen. Das lag nicht nur an den häufigen Erdbeben in der Region, sondern auch an der Monumentalität des Baus. Der Wiederaufbau erfolgte erst Ende des 20. Jahrhunderts.

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Die Nekropole (Gräberstadt) Schah-i-Sinda wirkt wie ein Freilichtmuseum timuridischer Majolikakunst.

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Die Gräberstraße, an der die Mausoleen wie an einer Perlenschnur aufgereiht sind, beeindrucken durch die prächtigen Fliesenportale. Die Innenräume sind manchmal ganz schlicht einige aber auch mit Fliesen verziert.

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Welcher Gegensatz: Grabstein aus dem Jahr 2003.

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Die 4-spurige Straße von Samarkand ins Ferganatal führt zunächst durch hügeliges, aber meist baumloses, Ackerland.

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Da weichen die Störche auf die Strommasten entlang der Straße aus und wohnen auch gern in „Mehrfamilienhäusern“.

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Das grüne Ferganatal wird von schneebedeckten Gebirgszügen flankiert. Wir übernachten auf einer Wiese mit Aussicht.


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Wir fahren weiter durch das Fergana-Tal zur Grenze von Kirgistan.

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Usbekistan, mit seinen alten Seidenstraßenzentren ist der Inbegriff orientalischen Zaubers. Es ist eine Mischung aus Osteuropa und Orient, von Städten aus 1001 Nacht und sowjetischer Plattenbauarchitektur.
Wir haben uns in diesem Land sehr wohl gefühlt.
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